Ausbildung von Leiterinnen und Leitern von Kindertagesstätten


Vorbeugender Gefahrenschutz in Kindertagesstätten
- Gratwanderung zwischen Brandsicherheit und Pädagogik

In der Stadt Mainz werden in den Kindertagesstätten regelmäßig Gefahrenverhütungsschauen durchgeführt. Dabei sind z.T. immer wieder nicht unerhebliche bauliche und organisatorische Brandschutzmängel festzustellen. Aufgrund fehlender Kenntnis der Zusammenhänge und möglicher Konsequenzen dieser Mängel führt dies bei den Betroffenen zu Unmut, zumal oftmals der Eindruck entsteht, ein funktionierender Brandschutz ist mit pädagogischen Zielsetzungen nicht zu vereinbaren. Die Erfahrung zeigt, dass dies nicht der Realität entspricht und dass sich mit relativ geringen Maßnahmen eine große Wirkung erzielen lässt.

Gerade bei den organisatorischen Mängeln, wie z.B. der Verwendung brennbarer Materialien in Rettungswegen oder das unbeaufsichtigte, unsachgemäße Aufstellen von Kerzen, ist Aufklärungsarbeit notwendig. Da die gut gemeinten Hinweise im Rahmen der Gefahrenverhütungsschau oftmals schnell in Vergessenheit geraten, versucht die Feuerwehr Mainz seit Mitte des letzten Jahres durch eine neues Ausbildungskonzept die Leitungskräfte der Mainzer Kindertagesstätten für den Vorbeugenden Brandschutz zu sensibilisieren und in präventive Maßnahmen einzubinden.

Wie einige Fälle in der Vergangenheit zeigen, sind auch Kindertagesstätten nicht vor der Entstehung folgenschwerer Brände gefeit.

Abgebrannte Kindertagesstätte auf dem Mainzer Lerchenberg 1997

In halbtägigen Seminaren werden Grundlagen des Vorbeugenden Brandschutzes und weitergehende Informationen zur Erhöhung des Brandschutzbewusstseins vermittelt. Alle Leitungskräfte der städtischen Kindertagesstätten haben dieses Seminar, das vom Jugendamt der Stadt Mainz in das Fortbildungsprogramm für Leitungskräfte aufgenommen wurde, besucht. Zwischenzeitlich wurden drei Seminare mit insgesamt ca. 150 Teilnehmern aus städtischen Kindertagesstätten bzw. Einrichtungen kirchlicher und freier Träger durchgeführt.


Das Seminar gliedert sich inhaltlich in folgende Schwerpunkte:

Brandursachen,
Brandlastarme Gestaltung von Rettungswegen,
Brandschutzordnung,
Räumungsübung,
Brandschutzerziehung und
Einsatz von Feuerlöschern.

Zu Beginn des Seminars werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter Einsatz von anschaulichen Bildern und Video-Sequenzen über Brandursachen, Brandverläufe und Folgen von Bränden informiert. Da vielen diese Thematik zu Beginn unbekannt ist und vielleicht sogar uninteressant erscheint, erkennt man im Laufe des Vortrags das Ansteigen der Aufmerksamkeit und des Interesses an den Vortragsinhalten. Ziel des Vortrages ist es, Brandursachen und Gefahrenquellen erkennen und sie ggf. beseitigen zu können.

Die Problematik der Rauchausbereitung in Rettungswegen wird veranschaulicht, indem den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein Raum gezeigt wird und dieser danach mit künstlichem Rauch gefüllt wird. Den Seminarteilnehmern wird dann die Gelegenheit gegeben, den Raum zu begehen. Mit dieser Maßnahme wird die Gefahr der Rauchausbreitung viel stärker verdeutlicht als dies mit Worten oder Bildern möglich wäre.

In der Brandschutzordnung der städtischen Kindertagesstätten werden Informationen zur Brandverhütung (z.B. Sauberkeit und Ordnung) und zum richtigen Verhalten im Brandfall gegeben. In Kindertagesstätten werden Bastelmaterialien aller Art benötigt. Es ist dafür zu sorgen, dass diese in geeigneten Räumen und nicht in notwendigen Fluren oder Treppenräumen, also Flucht- und Rettungswegen, aufbewahrt werden. Löscheinrichtungen, wie Feuerlöscher, müssen jederzeit zugänglich sein. Gerade in Kindertagesstätten ist es sehr wichtig, dass die Kinder im Brandfall ruhig und geordnet das Gebäude verlassen. Den Teilnehmern und Teilnehmerinnen wird deshalb in Verbindung mit der Brandschutzordnung das richtige Verhalten bei der Räumung des Gebäudes aufgezeigt. Sie werden aufgefordert, regelmäßig gut vorbereitete Räumungsübungen durchzuführen. Genauso wichtig wie die Vorbereitung ist aber auch die Auswertung und Nachbereitung einer durchgeführten Räumungsübung. Da es aus personellen Gründen der Abteilung Vorbeugender Brandschutz der Feuerwehr Mainz nicht möglich ist, alle Räumungsübungen zu begleiten, wurde der Weg beschritten, die Ortsteilwehren verstärkt in die Durchführung mit einzubeziehen. Begleitend zum Seminar für die Leitungskräfte der Kindertagesstätten wurden daher die Freiwilligen Feuerwehren der Stadt Mainz über dessen Inhalte und die Vorgehensweise bei Räumungsübungen informiert.


In einem weiteren Vortrag werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die Schutzziele des Vorbeugenden Brandschutzes und insbesondere in die Rettungswegesystematik eingeführt. Wie schon erwähnt, werden in der Regel brennbare Materialien und Kleber zum Basteln verwendet. Mit den brennbaren Bastelergebnissen werden dann oftmals auch die Rettungs- und Fluchtwege dekoriert. Anhand von Beispielen, die von den zuständigen Stellen in Berlin in Zusammenarbeit mit der Berliner Feuerwehr aufgrund eines tragischen Unfalles in einer Kindertagesstätte zusammengestellt wurden, wird erläutert, dass es durchaus auch Alternativen zu brennbaren Materialien gibt. Wie schnell brennbare Bastelmaterialien in Brand geraten können, wird anhand von Brandversuchen mit verschiedenen Materialien dargestellt.

Drachen

Klebstoff

Lampion

Schaumstoff

Styropor

Watte

 

Wolle

 


Brandversuche mit Bastelmaterialien

Ein wichtiger Bestandteil vorbeugender Maßnahmen zur Brandverhütung ist auch die Brandschutzerziehung. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Seminars wird das pädagogische Konzept und der Ablauf der Brandschutzerziehung bei der Feuerwehr Mainz erläutert. Es werden die Materialien und Unterlagen vorgestellt, die bei der Feuerwehr zu diesem Zweck ausgeliehen werden können.

Besuch von Kindergartengruppen bei der Feuerwehr

Aus der Erfahrung und den Gesprächen mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist leider festzustellen, dass bei vielen eine große Hemmschwelle gegenüber der Verwendung von Feuerlöschern vorhanden ist. Der Großteil weiß zwar, wo Feuerlöscher positioniert sind, hat aber keinerlei Kenntnis über Art und Einsatzmöglichkeiten und würde im Brandfall auch keinen Feuerlöscher verwenden. Der abschließende Seminarbeitrag über Feuerlöscher soll diese Scheu nehmen und deutlich machen, in welchen Fällen ein Feuerlöscher wirkungsvoll einzusetzen ist. In einem theoretischen Teil werden zunächst die erforderlichen Informationen über Feuerlöscher vermittelt. Im Anschluß daran geht es dann ans "Feuer löschen". Jeder kann selbst einmal einen Feuerlöscher einsetzen. Die anfängliche Skepsis schlägt dann sehr schnell in die Erkenntnis um - "ist ja gar nicht so schwer" - und bringt so den gewünschten Erfolg.

Ergänzend zu den Vorträgen erhalten alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein umfangreiches Skript, das im Selbststudium zur regelmäßigen Auffrischung der vermittelten Kenntnisse verwendet werden kann.

Praktische Übungen mit Feuerlöschern

Die bisher durchgeführten Seminare ergaben eine durchweg positive Resonanz, so dass solche Veranstaltungen zukünftig in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden. Das gestiegene Verständnis für die Forderungen und Hinweise der Feuerwehr bei den Gefahrenverhütungsschauen zeigt, dass die Grundidee erfolgreich ist. Die Zahl der mit den Kindern durchgeführten Brandschutzerziehungen hat weiter zugenommen und es werden in zunehmendem Maße gemeinsame Räumungsübungen durchgeführt. Darüber hinaus zeugen Rückfragen bei der Abteilung Vorbeugender Brandschutz von einem gestiegenen Brandschutzbewußtsein. Die Feuerwehr Mainz sieht in den beschriebenen Veränderungen den Sinn und die Erfordernis des eingeschlagenen Weges bestätigt.

Rolf Wachtel, Stadtfeuerwehrinspekteur
Jörg Wintermeyer, Abteilungsleiter Aus- und Weiterbildung
Feuerwehr Mainz