Feuerwehr Mainz: Einsätze

1997 - Lassa-Fieber
1997 - Wohnungsbrand in der Suderstraße

1997 - Lassa-Fieber

Am Samstag, den 20.09.1997 führte die Feuerwehr Mainz ihren diesjährigen Tag der offenen Tür auf der Feuerwache 1 durch. Während der Vorbereitungen ahnte niemand etwas davon, daß es in den späten Abendstunden zum bisher wohl ungewöhnlichsten Einsatz der Berufsfeuerwehr kommen würde. Am 20.09.1997 verstarb um 00:04 Uhr auf der Intensivstation einer Mainzer Klinik ein Afrikaner aus Ghana. Der Patient wurde in dem Hospital seit 8 Tagen unter dem Bild eines hömorrhagischen Fiebers behandelt. Als Todesursache vermuteten die behandelnden Ärzte eine Infektion mit dem Erreger des Lassa-Fiebers. Die Diagnose war zum Todeszeitpunkt in zwei virologischen Bestimmungen seitens des Topeninstitutes Hamburg (Berhardt-Nocht-Institut) mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" bestätigt worden. Für die Feuerwehr Mainz musste vorrangig der Ablauf und Zeitpunkt der Bergung geklärt werden. Darüber hinaus waren die adäquaten Maßnahmen zum Eigenschutz festzulegen. Bei der Therapie einer an Lassa-Fieber erkrankten Person sind alle einschlägigen Hygienemaßnahmen für die Behandler und eine lückenlose Desinfektion aller Gegenstände, die mit dem Patienten in Kontakt gekommen waren, erforderlich. Dies gilt auch für potentiell erregerhaltige Ausscheidungen. Zulässige Mittel sind Formaldehyd sowie alle anderen Präparate mit dem Wirkungsbereich B (Robert-Koch-Institut Berlin). Im Todesfall ist der Umgang mit dem Körper strikt zu vermeiden. Die Leiche sollte in eine auslaufsichere und verschlossene Umhüllung verbracht werden. Für die anschließende Bestattung ist die Beerdigung oder Feuerbestattung zulässig. In Absprache mit dem Institut für Hygiene der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wurde das weitere Vorgehen festgelegt und schließlich ab 22:44 Uhr umgesetzt: Zwei Trupps in Chemikalien-Schutzanzügen (Fa. Dräger) wickelten den Leichnam zunächst in mit Formalin getränkte Laken ein. Anschließend wurde die Leiche in einen Zinksarg verbracht, der unmittelbar darauf zugelötet wurde. Der Sarg konnte nun ohne weitere Sicherheitsvorkehrungen zur pathologischen Untersuchung überführt werden. Für letzte galten dann wiederum entsprechende Vorsichtsmaßnahmen. Vor dem Ausziehen wurden die Schutzanzüge mit Formaldehyd besprüht und anschließend in der Schleuse ausgezogen. Sie verblieben zur abschließenden Raumdesinfektion auf der Intensivstation. Rückblickend betrachtet, stellte dieser Einsatz die Berufsfeuerwehr Mainz sicherlich vor keine wesentlichen technischen und medizinischen Herausforderungen. Die Erfordernisse zum Eigenschutz der Feuerwehr waren klar zu regeln: Bei "üblichen" Infektionserkrankungen würden die klinisch eingeführten Schutzmaßnahmen (Einmal-Material, Mundschutz) ausreichen, nicht jedoch bei einer potentiellen Gefahr der aerogenen Erregerübertragung (massive Einatmung von Viren im Nebenlufteinzug).

Die nächste Schutzstufe hätte im Einsatz von P3-Filtern (Typ 620) bestanden. Diese, im Brandschutz eingesetzen Masken können regelmäßig als virusdicht betrachtet werden. Der Hersteller (Firma Dräger) gibt für das Restrisiko den Wert 0,05 % an. Nicht qualifiziert wird jedoch vom Hersteller die Gefahr einer Virenexposition bei undichtem Sitz der Maske, insbesondere bei körperlich schwerer Tätigkeit. Somit war die Entscheidung zum Einsatz von Chemikalien-Schutzanzügen mit umluftunabhängigem Atemschutz (Preßluftatmer) gerechtfertigt. Arbeiten mit infektiösen Patienten (in diesem Falle einer Leiche) im medizinischen Umfeld (in diesem Falle einer Intensivstation) können sich zeitaufwendig gestalten - unter dem Aspekt der begrenzten Atemluft ist unzweifelhaft ein entsprechender Sicherungstrupp bereitzustellen. Die eingesetzten Beamten waren durch die Chemikalien-Schutzanzüge zuverlässig gegen eine Übertragung der viralen Infektion geschützt. Die umluftunabhängige Luftversorgung verhinderte selbst die minimale Möglichkeit einer aerogenen Erregerübertragung. Entsorgung und hygienische Augbereitung der Schutzanzüge erfolgten entsprechend der einschlägigen Empfehlungen durch das Institut für Hygiene der Universität Mainz. Interessant sind darüber hinaus die logistischen Probleme, die in der Abwicklung dieses Einsatzes auftraten: Alleine aus dem zeitlichen Verlauf (Tod 00:04 Uhr, Einsargung 23:30 Uhr) lässt sich unschwer der erhöhte Klärungsbedarf der beteiligten Entscheidungsträger ableiten.

Ohne detaillierte Aspekte zu schildern, sollen einige Probleme aufgelistet werden:

  • Erhalt verlässlicher Informationen zu der ungewöhnlichen Erkrankung

  • Findung eines infektionssicheren Verbringungsortes der Leiche

  • Information des behandelnden Personals des Krankenhauses

  • Vorbereitung für eventuelle Therapiemaßnahmen

  • Auffindung von Kontaktpersonen und ggf. Einleitung von Quarantänemaßnahmen für bestimmte Personengruppen

Die Antwort auf diese nicht alltäglichen Fragen, beanspruchte die oben geschilderte Zeitspanne. Entscheidend war der zuverlässige Kontakt zum Gesundheitsamt Frankfurt (Bereitschaftsdienst erreichtbar über die integrierte Leitstelle der Berufsfeuerwehr Frankfurt) und zum Robert-Koch-Institut Berlin. Neben der Erfüllung der eigenen feuerwehrtechnischen Aufgabenstellung war die Einbindung des Feuerwehrarztes auch für die Gesamtlage hilfreich: Aufgrund der Nichterreichbarkeit des örtlichen Gesundheitsamtes wurden dem Feuerwehrarzt von dem Hauptverwaltungsbeamten für einige Stunden die gesundheitsamtlichen Aufgaben in dem aktuellen Fall übertragen.Drei Wochen nach dem Ereignis konnte in weiteren virologischen Untersuchungen das Lassa-Virus nicht eindeutig nachgewiesen werden. Die tatsächliche Todesursache bleibt wohl ungeklärt. Bei keiner Person, die in irgendwelcher Form Kontakt zum Patienten hatte, traten Symptome eines hämorrhagischen Syndroms auf. Trotz der letztendlich nicht bestätigten Verdachtsdiagnose ist aufgrund einer ansteigenden Reisetätigkeit mit einer Zunahme von ungewöhnlichen Virusinfaktionen in der Bundesrepublik zu rechnen. (Schmitz H. et al.: Imported tropical virus infections in Germany, Arch. Suppl. 11: 67 - 74, 1996).

Obwohl die Bewältigung derartiger Situationen primär eine Aufgabe für die Gesundheitsbehörden darstellt, muss die Feuerwehr als ein Teil der öffentlichen Gefahrenabwehr dennoch mit weiteren Einsätzen rechnen. Die Feuerwehren sollten deshalb darauf vorbereitet sein, im Fall eines Infektionstransportes dem Rettungsdienst akut Hilfestellung geben zu können.
Die Mitarbeiter eines Rettungsdienstes sind typischerweise nicht auf eine Tätigkeit unter Pressluftatmer untersucht und ausgebildet. Es gibt jedoch Erkrankungen, bei denen jedes Rettungsdienstpersonal als besonders gefährdet gilt. Neben dem hier vorgestellten und diskutierten Lassa-Fieber zählen dazu auch beispielhaft die Lungenpest und die offene Lungentuperkulose. Die aktuellen Häufigkeitszahlen von tuberkulösen Erkrankungen können die zukünftigen Anforderungen nur erahnen lassen.Eine entsprechende Vorbereitung ist also angebracht. Möglicherweise irrtümlich als überholt erachtete Alarmpläne für das Auftreten lokal auftretender Infektionen müssen regelmäßig aktualisiert werden.

1997 Wohnungsbrand in der Suderstraße

Am Morgen des 21.01.1997 brannte eine Wohnung im 1. Stockwerk eines dreigeschossigen Wohnhauses in voller Ausdehnung. Zur Brandbekämpfung und Menschenrettung wurden vier Trupps unter schwerem Atemschutz eingesetzt.

Aus dem 2. Obergeschoss wurden eine Frau und ein Kind mit Fluchthauben gerettet. Der Bewohner der Brandwohnung konnte sich und sein Kind selbst ins Freie retten. Alle vier Personen wurden mit Rauchvergiftungen vom Rettungsdienst in Krankenhäuser gebracht.

Zur Brandbekämpfung wurde ein C-Rohr eingesetzt. Während der Rettungsmaßnahmen war drei Beamten der Berufsfeuerwehr der Rückzugsweg kurzzeitig durch Hitze und Flammen im Treppenraum versperrt. Zwei der drei Beamten erlitten dabei Verbrennungen im Gesicht und an den Ohren.

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